
Konzentrationslager Gusen 1939-45
- Ständige Ausstellung - Gusen 2006
Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Gusen wurde 1965 ein von den italienischen Architekten B.B.P.R. geplantes Memorial fertiggestellt, dessen Zentrum die ehemaligen Krematoriumsöfen des Lagers bilden.
2004 wurde neben dem Memorial ein Besucherzentrum errichtet, in das die archäologischen Reste ehemaliger KZ-Baracken integriert wurden.
Die Ausstellungsarchitektur reagiert auf das Spannungsfeld zwischen Memorial, Besucherzentrum und Überbauung des ehemaligen KZ-Geländes. Sie betont den Vorrang des Denkmals von 1965 gegenüber dem Neubau.

Die benachbarte Wohnsiedlung wird in Bezug zu Objekten der Ausstellung gesetzt, ein unmittelbar neben dem Memorial errichtetes Wohnhaus durch eine stählerne Wand „ausgeblendet“.
Auf Textilien gedruckte Fotoreproduktionen verweisen auf das Memorial und erklären die Ausgrabungsfunde.

Textile Bildträger, halbtransparente, “immaterielle“ Materialien von geringer haptischer Präsenz, treten in Kontrast zur optischen und materiellen Schwere der Sichtbetonwände des benachbarten Memorials.
Eine Luftaufnahme des KZ Gusen aus dem Jahr 1944, die über dem Grabungsfeld abgehängt ist, dient dazu den Grabungsfund an den Ort und die Entstehungszeit der KZ-Anlage rückzubinden und die „auratische“ Wahrnehmung der Grabungsfunde zu „relativieren“. Als Raumteiler ausgebildet, blendet das Luftbild die im hinteren Teil des Rundgangs gezeigten Bilder zur Befreiung des Lagers aus. Diese werden erst im letzten Viertel des Rundgangs einsehbar.

Ein über den Funden abgehängtes Transparent, das die 1945 dokumentierten Reste des Krematoriumsschornsteins, bildet eine „virtuelle“ Achse mit dem Memorial.
Der Blick auf die Umschließungsmauer des Memorials wird durch Ausstellungsobjekte, die die Tötung und Vernichtung ehemaliger Häftlinge zeigen, überlagert.

Die Ausstellungsarchitektur stellt der memorialen Wahrnehmung des neuen Ausstellungsorts eine technische, auf serielle und industrielle Verfahren verweisende Sicht gegenüber.

Den Besuchern wird ein niederschwelliger Einstieg in die Themen angeboten, mit der Option einzelne Themen zu vertiefen. Das Ausstellungsmaterial ist zwei Ebenen zugeordnet, die nacheinander wahrgenommen werden.
Die räumlich dominante, erste Ebene besteht aus vertikal angeordneten, großformatigen Fotos und Transparenten, sie soll einen ersten Überblick ermöglichen. Bei Annäherung an einen Themenbereich erschließt sich die zweite, horizontale Ebene, die schriftliche Dokumente und Berichte zeigt.

Schienensysteme aus gekanteten Metallprofilen, die ihre Einlege- und Aufnahmeteile zeigen, sind - modulartig mit Ausstellungselementen belegt - über die Wände und die Fenster gezogen.

Die Präsentation historischer Dokumente mit Sichtbezug zur umgebenden Wohnbebauung verweist auf die Geschichte des Orts.
Baustellenfotos, die die Errichtung der KZ-Lagers zeigen, ein Lageplan des ehemaligen KZ oder ein von einem ehemaligen KZ-Häftling gebautes Modell des Lagers stellen einen Kontext zwischen der Ausstellung und der umgebenden Einfamilienhaus-Überbauung her.

Bei Nacht wird die Ausstellung von außen als hinterleuchtete Konstruktion wahrgenommen. Das Schienenelement rechts scheint sich in den Außenraum fortzusetzen.
Konzentrationslager Gusen 1939-45
Ständige Ausstellung – Gusen 2006
Gestaltung | Architektur: Bernhard Denkinger
Projektträger: Bundesministerium für Inneres (Republik Österreich)
Wissenschaftliche Beratung: Bertrand Perz
Kuratoren: Christian Dürr, Ralf Lechner, Stefan Wolfinger